San Gimignano
San Gimignani könnte so sein wie alle anderen mittelalterlichen Städtchen der Toskana: Etwas abseits auf oder zu Fuß eines Hügels gelegen, mit Überresten einer Stadtmauer oder einem Stadttor, einem zentralen Domplatz und einigen netten Cafés drumherum, in denen man sich die Köstlichkeiten der Region auf der Zunge zergehen lassen kann. Soweit trifft das auch auf San Gimignano zu – wären da nicht diese 15 Türme, die weithin sichtbar das Bild der Stadt dominieren. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich hier in unglaublicher Schatz: Gewissermaßen handelt es sich hierbei um das „Manhattan des Mittelalters“, wenngleich die „Hochhäuser“, also die Türme, eine leicht andere Funktion als die modernen Glas- und Stahlgiganten erfüllten.
Die Geschlechtertürme, wie die Bauwerke auch genannt werden, diensten einerseits als Wehrtürme zum Schutz der Familie: Die einzelnen Türme, ursprünglich gab es in San Gimignano derer 72, wurden von den Adelsfamilien und reichen Kaufleuten zunächst einmal zur Festung ausgebaut. Viele Wehrtürme verfügten über Wasserspeicher, die sie im Falle einer Belagerung unabhängig von der öffentlichen Wasserversorgung machten. Mit dem Vermögen wuchs jedoch auch der Ehrgeiz, so dass sich die Bauherren bald darin zu übertrumpfen versuchten, den höchsten Turm der Stadt zu bewohnen – der Turm diente ab da also auch als Statussymbol, das Macht und Reichtum demonstrieren sollte, je höher ein Turm, desto einflussreicher die Familie. Die Geschlechtertürme nahmen daraufhin stetig an Höhe zu, was allerdings die Sicherheit der Gebäude nicht unbedingt erhöhte. Als die Geschlechtertürme Mitte des 13. Jahrhunderts Höhen von mehr als 40 Metern und mehr erreichten, legte man den Torre Grossa, den 54 Meter hohen „dicken Turm“, als Obergrenze für die Bauhöhe fest. Auch heute noch ist der Torre Grossa der höchste der Geschlechtertürme von San Gimignano. Übrigens: Geschlechtertürme nennt man sie, da sie immer ein Geschlecht, also eine Familie beherbergten. Die Geschlechtertürme befinden sich als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO.